Sonntag, 18.08.2013 - Tag 19

Sverige/Norge

 
 
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Borgund - Sjurhaugfossen - Aurlandsvegen - Stegasteinen - Utvika Camping


Tagesroute

Um 8:51 Uhr Abfahrt bei 12 °C und vollständig bedecktem Himmel. Es regnete aber nur ganz leicht, so dass der erste Stopp, Sjurhaugfossen, normal angefahren werden konnte. Es handelt sich dabei eher um eine Schlucht als einen Wasserfall, nichtsdestotrotz war es sehr beeindruckend.


Sjurhaugfossen

Als nächstes stand der Aurlandsvegen, auch Snøvegen genannt, der bis auf ca. 1350 m führt, am Routenplan. Leider begann es bereits bei der Auffahrt dorthin in Strömen zu regnen und hörte den ganzen Tag nicht mehr auf. So hatte ich kaum einen Blick für die faszinierende Ödnis dieser Landschaft, es gibt auch kein Foto der Schneefelder, die direkt neben der Straße vom Winter übrig geblieben waren. Auch den Aussichtspunkt Stegasteinen passierte ich ohne stehen zu bleiben, er lag mitten in einer dichten Wolkendecke ohne jegliche Aussicht.

Bei der einsamen Fahrt in Nässe und Kälte (8 °C) drängte sich angesichts des Wetters schon wieder der Gedanke über die Sinnhaftigkeit des Weiterfahrens ins Hirn. Es fiel mir immer schwerer, den Gedanken zu verdrängen.

Kurz vor dem Gudvangentunnel vermeldete ein Schild die Sperre desselben. Kein Problem, schon oft geübt: Sperre ins Navi eingeben und fertig. Leider ergab das einen Riesenumweg von 170(!) km und eine Fahrzeitverlängerung um drei Stunden. Ein Typ, der aus einem geparkten Straßenmeistereibus ausstieg und offensichtlich zur Beratung der ratsuchenden Leute abgestellt war, bestätigte das und zeigte mir im strömenden Regen eine zweite Alternative. Diese würde dort vorbeiführen, wo ich zwei Tage zuvor schon gewesen war und über zwei Fähren ebenfalls einen Mehraufwand von etwa drei Stunden bedeuten.


Info über die Umleitung (Tagesziel wäre südöstlich von Voss am Granvinsvatnet gewesen)

In einem Buswartehäuschen überlegte ich die weiteren Schritte, und plötzlich war der Gedanke wieder da und verschwand nicht mehr: Drauf geschissen, nächstes Ziel Oslo und ab. Mein Vorhaben war, in der Nähe von Oslo eine Hütte zu mieten und für die weiteren Tage eine Abschlussrunde in Südschweden zu planen.

Gleich nach einem kürzeren Tunnel am Beginn der Strecke kam der Lærdalstunnel, mit fast 25 km Länge der längste Straßentunnel der Welt. Im Tunnel gibt es drei riesige, höhlenartige Erweiterungen, die vollständig blau beleuchtet sind - die letzte optische Auflockerung für heute. So unangenehm, weil fad, mir Tunnels normalerweise sind, so sehr freuten sie mich jetzt: Drinnen regnete es wenigstens nicht.


Lærdalstunnel (Fotograf: Patrick Reijnders, CC BY-SA 3.0)

Drei Stunden, nachdem ich in der Früh von dort aufgebrochen war, kam ich wieder am Campingplatz in Borgund vorbei. Ungefähr dort begann auch die Benzinwarnlampe zu leuchten. Wegen der teilweise schlechten Abdeckung mit Tankstellen in Norwegen und der geringen Distanz, die mit der Mana auf Reserve noch zu schaffen sind (bei einer meiner ersten Ausfahrten war ich 50 km nach Aufleuchten der Warnlampe ohne Sprit liegen geblieben), hatte ich mir bei der gesamten Routenplanung auch mögliche Tankstopps eingeplant. Das galt natürlich nicht für die jetzt kurzfristig geänderte Route. Als ich das Navi die nächsten Tankstellen suchen ließ, gab es den nächsten Adrenalinschub: Demnach wären es 60 km Luftlinie bis zur nächsten Tankgelegenheit! Ohnehin ohne Alternative schlug ich den vorgeschlagenen Weg über das Filefjell ein in der Hoffnung, im Fall der Fälle einen hilfsbereiten Autofahrer um Sprit bitten zu können.

Mit diesen unangenehmen Überlegungen quälte ich mich im Spritspartempo über das Fjell. Gestern war ich einen Teil der Strecke ja schon im Trockenen in Gegenrichtung gefahren und hatte noch die vielen relativ neu aussehenden Holzhütten be- und mich über deren Zweck gewundert, heute interessierte mich das nicht mehr. Zum Glück tauchte dann aber nach ca. 30 km eine nicht im Navi verzeichnete Tankstelle auf und erlöste mich von der Ungewissheit.

Beim Anfahren der Tankstelle erschreckte mich aber ein eigenartig schabendes Geräusch, und als ich die Bremsbeläge kontrollierte, musste ich mit Entsetzen feststellen, dass zwei der Beläge, je einer vorn und hinten, praktisch abgefahren waren. Mit dieser Erkenntnis und der Gewissheit, dass ich hier in der Wildnis sowieso und am heutigen Sonntag auch sonst nirgends Bremsbeläge bekommen würde, fuhr ich den Rest der Tagestrecke mit extrem viel Sicherheitsabstand zu anderen Fahrzeugen mehr oder weniger ohne zu bremsen nach Utvika, 40 km vor Oslo. Dort gab es gerade noch eine freie Hütte, die teuerste im ganzen Urlaub (685 NOK, die Hotels in Stockholm und Arlanda waren bei weitem billiger).

Das einzige Mal leistete ich mir hier auch bezahltes Internet und begann sofort, nach Aprilia-Werkstätten in der Nähe zu suchen. Ich fand ganze zwei Stück, eine 28 km entfernt in Billingstad und eine in Oslo, noch einmal 25 km weiter. Ein Anruf beim NAF, dem norwegischen ÖAMTC, bestätigte mir zumindest die Werkstatt in Oslo als realistischen Kandidaten für meine Ersatzteile. Mein Ziel war jetzt, morgen die Bremsbeläge zu kaufen und dann die restlichen Tage bis zur Abfahrt der Fähre aus Göteborg am Donnerstag in Schweden mit Tagestouren zu verbringen. Mit einer Methode, die ich hier nicht beschreiben will, verhinderte ich vorerst provisorisch, dass die zwei belaglosen Bremsklötze direkten Kontakt zur Bremsscheibe bekommen konnten, so vermochte ich ohne Zerstörung der Scheiben zumindest halbwegs normal zu bremsen.

Statistik:

Benzin   48,10 € (23,99 l)
Campingplatz   88,34 € (Hütte)
Fahrstrecke   434 km
Reisedauer   8:18 Stunden (08:51 17:09)

 

 
 
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Update: 31.10.2019